encontro - vladislav zaytzev & olavo schneider
Laudatio zur Finissage am 19. April 2009 im Marschallsaal im Schloss ob Ellwangen
Liebe Gäste, liebe Freunde und Kollegen, liebe Künstler,
ich freue mich über die Einladung zur Finissage von »Encontro« und fühle mich geehrt von zwei Künstlern zu erzählen, deren Arbeiten ich schon seit Jahren mit Interesse und Enthusiasmus verfolge.
Es ist nicht das erste mal, dass Vlad und Olavo gemeinsam ausstellen. Es ist auch nicht das erste mal, dass der Bildhauer und der Maler im barocken Ambiente trefflich passend Kunst arrangieren. Beim letzten mal allerdings durfte man, nach viel Debatte um den Denkmalschutz, dann aber doch in Einsicht für die Freiheit der Kunst, in einem, zugegebenermaßen, etwas überschaubarerem Galerieraum, die barocke Anmutung durch in rosafarben gestrichene Wände erhöhen. Die Wirkung war enorm.
Jedes mal, also auch dieses mal, aber ist enorm: der Überraschungseffekt. Vielleicht liegt es daran, dass man die Künstler kennt, im Grunde voreingenommen »zur Schau« schreitet und Erwartungen hat, die dann ungehobelt gebrochen, verletzt und maniriert werden. Nein, es ist keine Enttäuschung. Ganz im Gegenteil. Die Mannigfaltigkeit der Möglichkeiten auf dem gefestigtem Weg des Künstlers mit seinem Codex, seiner vorformulierten Semantik und seiner ureigenen Idee folgend, bleiben immer wieder aufs neue überraschend. Jedes mal ist in Erinnerung das letzte mal wie die Geburt eines ersten Mals.
Sie kennen sich schon eine Weile. 1998, der Zaytzev lud ihn ein, den Schneider, die »Masterclass« im Kunstfestival in St. Petersburg zu besuchen. Vielleicht wehte schon daher ein Hauch von Inspiration, ein anderes Verständnis des Deutschen für russische Tradition. Ich habe Olavos Rückkehr aus dem Osten erlebt. Verschlissen, verlebt und verliebt stand er in der Tür, die weißen Nächte durchmalt und durchzecht. Wodka und Freundschaft waren Nahrung. Und dann zeigte er Bilder; Fotografien von neuen Freunden, die von Gastfreundschaft und Herzlichkeit erzählten, Arbeiten der Kollegen, die zeichnerische Freude und Leichtigkeit vermittelten und seine Arbeiten aus dem Atelier der Ermitage St. Petersburg, sprühend. Hier war Aufbruch und Begegnung. Ich war begeistert.
Liebe Gäste, liebe Freunde und Kollegen, liebe Künstler,
ich freue mich über die Einladung zur Finissage von »Encontro« und fühle mich geehrt von zwei Künstlern zu erzählen, deren Arbeiten ich schon seit Jahren mit Interesse und Enthusiasmus verfolge.
Es ist nicht das erste mal, dass Vlad und Olavo gemeinsam ausstellen. Es ist auch nicht das erste mal, dass der Bildhauer und der Maler im barocken Ambiente trefflich passend Kunst arrangieren. Beim letzten mal allerdings durfte man, nach viel Debatte um den Denkmalschutz, dann aber doch in Einsicht für die Freiheit der Kunst, in einem, zugegebenermaßen, etwas überschaubarerem Galerieraum, die barocke Anmutung durch in rosafarben gestrichene Wände erhöhen. Die Wirkung war enorm.
Jedes mal, also auch dieses mal, aber ist enorm: der Überraschungseffekt. Vielleicht liegt es daran, dass man die Künstler kennt, im Grunde voreingenommen »zur Schau« schreitet und Erwartungen hat, die dann ungehobelt gebrochen, verletzt und maniriert werden. Nein, es ist keine Enttäuschung. Ganz im Gegenteil. Die Mannigfaltigkeit der Möglichkeiten auf dem gefestigtem Weg des Künstlers mit seinem Codex, seiner vorformulierten Semantik und seiner ureigenen Idee folgend, bleiben immer wieder aufs neue überraschend. Jedes mal ist in Erinnerung das letzte mal wie die Geburt eines ersten Mals.
Sie kennen sich schon eine Weile. 1998, der Zaytzev lud ihn ein, den Schneider, die »Masterclass« im Kunstfestival in St. Petersburg zu besuchen. Vielleicht wehte schon daher ein Hauch von Inspiration, ein anderes Verständnis des Deutschen für russische Tradition. Ich habe Olavos Rückkehr aus dem Osten erlebt. Verschlissen, verlebt und verliebt stand er in der Tür, die weißen Nächte durchmalt und durchzecht. Wodka und Freundschaft waren Nahrung. Und dann zeigte er Bilder; Fotografien von neuen Freunden, die von Gastfreundschaft und Herzlichkeit erzählten, Arbeiten der Kollegen, die zeichnerische Freude und Leichtigkeit vermittelten und seine Arbeiten aus dem Atelier der Ermitage St. Petersburg, sprühend. Hier war Aufbruch und Begegnung. Ich war begeistert.
Treffen und Begegnung ist der Titel dieser Ausstellung; das portugiesische Wort: »Encontro«.
Der italienische Begriff »Incontro« gleichwohl schlägt den geographischen und historischen Bogen.
Denn es war einst Konstantin der Große, der als römischer Kaiser als erster das Christentum tolerierte, unterstützte und damit der Verbreitung Vorschub leistete. Religionen begegneten sich, irrten, kämpften und hinterließen Spuren, auch in Form von künstlerischem Ausdruck. Es geht insbesondere Vladislav Zaytzev darum jene Darstellungsformen nicht verschwinden zu sehen.
Vladislav Zaytzev: Bildhauer, Keramiker und Maler aus Perm im Ural, Studium an der Fachschule für Kunst und Pädagogik in Sverdlovsk und ein Studium an der Kunsthochschule »Vera Muchina« in St. Petersburg. Was macht der Mann?
Zwei Beispiele: riesige, grob aus Holz geschnitzte Erdbeeren, bemalte Skulpturen, wuchtig aber elegant. Oder diese Auftragsarbeit in Berlin: ein rosa gestrichenes Wohnhaus mit keramischer Fassadengestaltung, die das Lebensgefühl des höfischen Barock in den Alltag dieser Straße bringt. Die Vielfältigkeit hat eine Handschrift: Leidenschaft für Barock und aber auch für die religiösen Holzskulpturen seiner Heimatstadt Perm sind Vladislav Zaytzevs Inspiration. Er bezieht seine Kraft auch aus dem Erwachen der Kunstszene nach der Perestrojka mitte der 80er Jahre, hat vor Ort eine individuelle künstlerische Position entwickelt und ist insofern mit der Petersburger Postmoderne verbunden.
Vladislav Zaytzev wählt nun für seine Skulpturen die Motive der Holzschnitzereien in der Region um Perm, von denen er schon immer beeindruckt war. Diese Figuren haben ihre Tradition im Naiven, ihre Wurzeln im Heidentum und waren lange von der orthodoxen Kirche verboten. Dabei begegnen wir beispielsweise der »heiligen Praskovja« - »Artemis«, der Göttin der Jagd, des Mondes, des Waldes und der Hüterin der Frauen und Kinder aus der griechischen Mythologie. Zaytzev reduziert Artemis radikal. Sie hat, ohne das es stört, keinen Kopf mehr oder trägt alternativ eine massive Erdbeere auf den Schultern. Die Überhöhung ins Surreale, auch durch die überdimensionale Darstellung von Auge oder Mund in anderen Figuren, dient Zaytzev, um Fragmente des eigentlichen Symbolgehalts und den Moment der Sinnlichkeit deutlich heraus zu kristallisieren.
Denn es war einst Konstantin der Große, der als römischer Kaiser als erster das Christentum tolerierte, unterstützte und damit der Verbreitung Vorschub leistete. Religionen begegneten sich, irrten, kämpften und hinterließen Spuren, auch in Form von künstlerischem Ausdruck. Es geht insbesondere Vladislav Zaytzev darum jene Darstellungsformen nicht verschwinden zu sehen.
Vladislav Zaytzev: Bildhauer, Keramiker und Maler aus Perm im Ural, Studium an der Fachschule für Kunst und Pädagogik in Sverdlovsk und ein Studium an der Kunsthochschule »Vera Muchina« in St. Petersburg. Was macht der Mann?
Zwei Beispiele: riesige, grob aus Holz geschnitzte Erdbeeren, bemalte Skulpturen, wuchtig aber elegant. Oder diese Auftragsarbeit in Berlin: ein rosa gestrichenes Wohnhaus mit keramischer Fassadengestaltung, die das Lebensgefühl des höfischen Barock in den Alltag dieser Straße bringt. Die Vielfältigkeit hat eine Handschrift: Leidenschaft für Barock und aber auch für die religiösen Holzskulpturen seiner Heimatstadt Perm sind Vladislav Zaytzevs Inspiration. Er bezieht seine Kraft auch aus dem Erwachen der Kunstszene nach der Perestrojka mitte der 80er Jahre, hat vor Ort eine individuelle künstlerische Position entwickelt und ist insofern mit der Petersburger Postmoderne verbunden.
Vladislav Zaytzev wählt nun für seine Skulpturen die Motive der Holzschnitzereien in der Region um Perm, von denen er schon immer beeindruckt war. Diese Figuren haben ihre Tradition im Naiven, ihre Wurzeln im Heidentum und waren lange von der orthodoxen Kirche verboten. Dabei begegnen wir beispielsweise der »heiligen Praskovja« - »Artemis«, der Göttin der Jagd, des Mondes, des Waldes und der Hüterin der Frauen und Kinder aus der griechischen Mythologie. Zaytzev reduziert Artemis radikal. Sie hat, ohne das es stört, keinen Kopf mehr oder trägt alternativ eine massive Erdbeere auf den Schultern. Die Überhöhung ins Surreale, auch durch die überdimensionale Darstellung von Auge oder Mund in anderen Figuren, dient Zaytzev, um Fragmente des eigentlichen Symbolgehalts und den Moment der Sinnlichkeit deutlich heraus zu kristallisieren.