Es geht ihm, positiv gewendet, um "die Würde der Dinge". Die gefällte Linde kann er nicht mehr aufrichten - aber er kann dem toten Holz neues ideelles Leben geben, indem er es zur Kunst adelt.
Olavo Schneider hat im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern seiner Generation mit Kunststoff, Metall und elektronisch-digitaler Technik als Kunst-Material nichts am Hut. Sein Herz schlug schon immer für die Natur - und Holz ist Teil der Natur. Warum er in den Achtzigerjahren ein Atelier in Lissabon hatte und seit 1989 in der Metropole Berlin lebt und nicht in Ellwangen, das in Wälder gebettet ist? Vielleicht sähe er als Künstler hier den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ernsthaft: Dass Olavo in Berlin lebt, hat zumindest auch mit einer für ihn typischen Eigenschaft zu tun. Er misstraut, er stellt in Frage, er weiß, dass die Welt nicht heil und dass die Natur gefährdet ist. Also sucht er für sich und für seine Kunst nicht die Idylle des vermeintlich schönen Scheins sondern die Reibungsflächen.
Das war bei ihm schon immer so. Was hätte nicht nur ich ihm schon an die Gurgel fahren können, weil er makellose Formen, farblich durch und durch harmonische Kompositionen mit Stacheldraht, miserabelsten Chirurgennähten und fahlen Verwesungstönen malerisch ruiniert hat. Ruiniert? Nein, das Auge hakt sich gerade daran fest. An diesen Brüchen, an diesen formalen Ungereimtheiten. Nagt an diesem Widerspruch und wird immer wieder und mit neuen Seherfahrungen hineingezogen in diesen wilden Taumel, der das Schöne in der Unerbittlichkeit des Vergänglichen verortet. Letztendlich verweisen diese formalen Brüche und Risse metaphorisch auf eine aus dem Lot geratene Welt.
Deren Oratorium klingt in den beiden Leinwänden "Berliner Blut" an. Was sich liest wie ein sprachliches Vexierspiel aus "Wiener Blut" und "Berliner Luft" hat weder mit Walzerseligkeit noch mit zünftiger Marschmusik zu tun. Berliner Blut erinnert zunächst ganz banal an den Farbton, mit dem einst die Holzdielen der Häuser im alten Berlin gestrichen worden sind. Aber könnte die Kombination von Purpur und Gold nicht auch ein Hinweis auf himmlische Mächte sein? Die Lichtbahnen, die aus dem dunklen Firmament herunter die Menschlein erhellen samt der in Auflösung befindlichen Figur in der Mitte, könnte man jedoch auch umgekehrt deuten: Als
Olavo Schneider hat im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern seiner Generation mit Kunststoff, Metall und elektronisch-digitaler Technik als Kunst-Material nichts am Hut. Sein Herz schlug schon immer für die Natur - und Holz ist Teil der Natur. Warum er in den Achtzigerjahren ein Atelier in Lissabon hatte und seit 1989 in der Metropole Berlin lebt und nicht in Ellwangen, das in Wälder gebettet ist? Vielleicht sähe er als Künstler hier den Wald vor lauter Bäumen nicht. Ernsthaft: Dass Olavo in Berlin lebt, hat zumindest auch mit einer für ihn typischen Eigenschaft zu tun. Er misstraut, er stellt in Frage, er weiß, dass die Welt nicht heil und dass die Natur gefährdet ist. Also sucht er für sich und für seine Kunst nicht die Idylle des vermeintlich schönen Scheins sondern die Reibungsflächen.
Das war bei ihm schon immer so. Was hätte nicht nur ich ihm schon an die Gurgel fahren können, weil er makellose Formen, farblich durch und durch harmonische Kompositionen mit Stacheldraht, miserabelsten Chirurgennähten und fahlen Verwesungstönen malerisch ruiniert hat. Ruiniert? Nein, das Auge hakt sich gerade daran fest. An diesen Brüchen, an diesen formalen Ungereimtheiten. Nagt an diesem Widerspruch und wird immer wieder und mit neuen Seherfahrungen hineingezogen in diesen wilden Taumel, der das Schöne in der Unerbittlichkeit des Vergänglichen verortet. Letztendlich verweisen diese formalen Brüche und Risse metaphorisch auf eine aus dem Lot geratene Welt.
Deren Oratorium klingt in den beiden Leinwänden "Berliner Blut" an. Was sich liest wie ein sprachliches Vexierspiel aus "Wiener Blut" und "Berliner Luft" hat weder mit Walzerseligkeit noch mit zünftiger Marschmusik zu tun. Berliner Blut erinnert zunächst ganz banal an den Farbton, mit dem einst die Holzdielen der Häuser im alten Berlin gestrichen worden sind. Aber könnte die Kombination von Purpur und Gold nicht auch ein Hinweis auf himmlische Mächte sein? Die Lichtbahnen, die aus dem dunklen Firmament herunter die Menschlein erhellen samt der in Auflösung befindlichen Figur in der Mitte, könnte man jedoch auch umgekehrt deuten: Als
Flakscheinwerfer, die aus dem zerstörten Berlin heraus nach den Bombern am Firmament suchen. Und im fliegenden Wechsel der Geschichten am Potsdamer Platz die Promis ins Rampenlicht holen. Olavo begegnet uns auch hier als ein großer Erzähler, der Menschheitsgeschichte wie im Zeitraffer zusammenfasst.
Der Lakotahäuptling Noble Red Man, einer der letzten "Hüter der Weisheit", die das spirituelle Erbe der Indianer für die Nachwelt bewahrt haben, hat deren Ethos so formuliert: "Achtung zu haben ist unser Gesetz - Achtung vor der Schöpfung Gottes, vor allen Lebewesen auf dieser Erde, vor unserer Mutter Erde selbst". Olavo Schneider hat diese Philosophie zumindest für seine Kunst verinnerlicht. Er ist - um im Bilde zu bleiben - ein Großstadtindianer, kein Asphaltcowboy. Ein sensibler Fährtensucher, der sich mitunter mit grobschlächtiger Attitude tarnt. Der die Schönheit unter bizarrer Schminke schützt. Doch schaut man genau hin, erkennt man, dass die Attitude feine Züge trägt und die Schminke im eigentlichen Sinne schön ist. Lassen Sie sich deshalb getrost auf ein Augenduell mit dem bedrohlichen "Mann mit traurigen Gedanken" ein, der direkt aus Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis" entsprungen zu sein scheint. Interessanterweise blickt er auf Jörn Makkos Arbeitsplatz. Der Geschäftsführer hat, so er den Blick dieser Augen aushält und nicht selbst auf traurige Gedanken kommt, die Aussicht auf eines der stärksten Bilder dieser bemerkenswerten Schau, ein Ölgemälde in dem alles zusammenfließt, was die Kunst des Olavo ausmacht: Zeichnerische Virtuosität, farblicher Erfindungsreichtum, Dialektik, die sich im Blick dieser Augen auflöst: Der Böse ist echt gut.
Lassen Sie mich, zum Schluss einen Künstler der Region, einen hervorragenden Maler und Radierer zitieren, der dieser Tage Palette und Radierbesteck für immer aus der Hand gelegt hat, Otto Nagel. Er hat den Weg zum Bild so beschrieben: "Oft denke ich, jetzt sollte ich gleich anfangen, das zu malen (nachdem er spontan einige Skizzen zu Papier gebracht hat), tu es aber nicht. Es sind die Bilder, die ich nicht kenne, die aber zum Vorschein kommen wollen, wenn man sie lässt. Maler haben oft nichts zu reden, weil sie zuhören, was hervorkommen will." Deshalb hat Olavo eben mich reden lassen. Ich hoffe, seine Entscheidung war richtig.
Der Lakotahäuptling Noble Red Man, einer der letzten "Hüter der Weisheit", die das spirituelle Erbe der Indianer für die Nachwelt bewahrt haben, hat deren Ethos so formuliert: "Achtung zu haben ist unser Gesetz - Achtung vor der Schöpfung Gottes, vor allen Lebewesen auf dieser Erde, vor unserer Mutter Erde selbst". Olavo Schneider hat diese Philosophie zumindest für seine Kunst verinnerlicht. Er ist - um im Bilde zu bleiben - ein Großstadtindianer, kein Asphaltcowboy. Ein sensibler Fährtensucher, der sich mitunter mit grobschlächtiger Attitude tarnt. Der die Schönheit unter bizarrer Schminke schützt. Doch schaut man genau hin, erkennt man, dass die Attitude feine Züge trägt und die Schminke im eigentlichen Sinne schön ist. Lassen Sie sich deshalb getrost auf ein Augenduell mit dem bedrohlichen "Mann mit traurigen Gedanken" ein, der direkt aus Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis" entsprungen zu sein scheint. Interessanterweise blickt er auf Jörn Makkos Arbeitsplatz. Der Geschäftsführer hat, so er den Blick dieser Augen aushält und nicht selbst auf traurige Gedanken kommt, die Aussicht auf eines der stärksten Bilder dieser bemerkenswerten Schau, ein Ölgemälde in dem alles zusammenfließt, was die Kunst des Olavo ausmacht: Zeichnerische Virtuosität, farblicher Erfindungsreichtum, Dialektik, die sich im Blick dieser Augen auflöst: Der Böse ist echt gut.
Lassen Sie mich, zum Schluss einen Künstler der Region, einen hervorragenden Maler und Radierer zitieren, der dieser Tage Palette und Radierbesteck für immer aus der Hand gelegt hat, Otto Nagel. Er hat den Weg zum Bild so beschrieben: "Oft denke ich, jetzt sollte ich gleich anfangen, das zu malen (nachdem er spontan einige Skizzen zu Papier gebracht hat), tu es aber nicht. Es sind die Bilder, die ich nicht kenne, die aber zum Vorschein kommen wollen, wenn man sie lässt. Maler haben oft nichts zu reden, weil sie zuhören, was hervorkommen will." Deshalb hat Olavo eben mich reden lassen. Ich hoffe, seine Entscheidung war richtig.